Buchempfehlung
Sex – Die wahre Geschichte
von Christopher Ryan und Cacilda Jethà
erschienen im Verlag: Klett-Cotta
Printausgabe: ISBN 978-3-608-98050-9
E-Book: ISBN 978-3-608-10056-3
Das Buch ist 2016 in Deutsch erschienen.
Ich bin mehr oder weniger zufällig über dieses im E-Book 1376 S !! dicke Werk gestolpert.
Es ist zwar ein Wissenschaftliches Buch, liest sich aber auch durch die lockere Schreibart sehr leicht und schon oft ironisch unterhaltsam.
Es stellt provokante Fragen an die eigene Wissenschaft. So zum Beispiel, wieso evolutionsbiologisch immer davon ausgegangen wird, dass sich die Menschengruppen nach folgendem Prinzip entwickelt hätten: Ein Alpha Mann hat das alleinige Recht auf alle Frauen der Gruppe. Klare hierarchische Struktur.
Im Laufe der Zeit scheint sich das Prinzip des Teilens und die Auflösung der hierarchischen Strukturen als die bessere Variante durchgesetzt zu haben. Dass dies geschehen ist darüber scheint unter den Wissenschaftlern allgemeine Einigkeit zu bestehen. (sesshaft werden, Ackerbau…)
Was die Autoren in diesem Buch anzweifeln, ist die heute übliche etablierte Schlussfolgerung, dass es automatisch zu einem Monoamoren Paarebilden gekommen sein soll.
Sie stellen dies wie mir scheint sehr schlüssig in Frage. Wieso sollten nach Auflösung der hierarchischen Strukturen, bei denen ein zentrales Verhalten, nähmlich ALLES zu teilen, kein Privatbesitz von versteckten Essenvorräten oder Werkzeugen essentiell überlebenswichtig war, ausgerechnet und explizit beim sexuellen Verhalten andere Regeln gegolten haben.
Dies nur als Appetithäppchen.
Auffällig finde ich auch, dass hier das Sexualverhalten im Kontext der gesellschaftlichen Veränderung gesehen wird. Also das sexuelle Verhalten auch immer mit der restlichen Lebenswelt vernetzt ist. Hier die Auflösung von Hierarchien Privilegien und Besitz bestimmter sicher wichtiger Utensilien. Vielleicht macht es ja doch Sinn, Polyamorie nicht isoliert von gesellschaftsbedingungen Rahmenbedingungen und politischen Systemen zu sehen. Ist das Prinzip des Besitzens und der Kampf diesen zu bekommen und zu halten, hier von Frauen oder Männern, nicht auch Ausdruck unserer gesellschaftlichen Kultur und deshalb in der Folge meist Monogam? Polyamorie als Inselparadies sozusagen in einem Ozean der Kämpfe um Besitz und dessen Erhaltung? Oder doch lieber Solidarität und Liebe in allen Lebensbereichen.
Ein sehr sehr lesenswertes Buch, bei dem es nicht ausbleibt seine Gedanken weiträumiger schweifen zu lassen, wie ich finde
Viel Spaß
Heinz
Die Seitenzahl des Buches wurde von meinem e Reader falsch angezeigt. Das Buch hat lediglich 430 Seiten.